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Kartoffeln für Mensch und Tier – unser Anbau in Finnland

Als die ersten Kartoffeln im 16. Jahrhundert aus Südamerika nach Europa gelangten, ahnte wohl niemand, welch großen Einfluss diese unscheinbare Knolle einmal haben würde. Zunächst galt sie als Zierpflanze, später als „Arme-Leute-Essen“ und heute ist sie aus unserer Küche nicht mehr wegzudenken. Die Kartoffel ist nicht nur in der Schweiz sondern auch in Finnland ein wichtiger Bestandteil der Ess-Kultur.

Für uns persönlich ist die Kartoffel weit mehr als ein Grundnahrungsmittel. Sie ist neben Holz und Eiern eines der wenigen Produkte, die wir kaum noch zukaufen müssen. Als wir im Jahr 2023 nach Finnland gezogen sind und mit der Gartenplanung begonnen haben, war für uns klar, dass Kartoffeln ein grosser Teil unseres Wintervorrates ausmachen werden. Im ersten Jahr waren sie noch Teil des Gemüsegartens. Aufgrund der grossen Mengen die wir anbauen, haben wir mittlerweile aber ein separates Feld dafür vorbereitet.


Die Vorbereitung

Obwohl wir inzwischen unsere eigenen Knollen weiterziehen, wollten wir für unseren Start in Finnland mit den besten Voraussetzungen beginnen. Deshalb bestellten wir Saatkartoffeln bei einem finnischen Bio-Lieferanten. Etwa drei Wochen vor dem Pflanztermin legen wir die Kartoffeln an einen hellen Ort mit 10–15 °C und besprühen sie täglich mit Wasser. Dadurch beginnen sie zu sprießen. Meist ist der Boden Ende Mai oder Anfang Juni warm genug zum Setzen. Mindestens 10 °C sollte er haben, damit die Pflanzen gut anwachsen können.



Das Setzen

Kartoffeln sind Starkzehrer – das bedeutet, dass sie sehr viele Nährstoffe aus dem Boden ziehen. Ein mit Mist oder Kompost gedüngter Boden hilft den Pflanzen, viele große Knollen auszubilden. Beim Setzen halten wir zwischen den Knollen einen Abstand von einer Fußlänge, dazwischen geben wir eine handvoll Kompost. Die Saattiefe beträgt ca. 10 cm. Zwischen den Reihen lassen wir etwa 60 cm Abstand, damit die Pflanzen später gut durchlüftet sind. Nach dem Setzen der Knollen schließen wir den Boden ebenerdig.


Erst nachdem die Pflanzen ca. 30 cm hoch sind, werden die Kartoffeln angehäufelt. Dafür nehmen wir links und rechts von der Pflanze etwas Erde und decken sie zu etwa zwei Dritteln zu. Dadurch entsteht die typische, dammförmige Struktur des Kartoffelanbaus.


Der Damm hilft der Kartoffel auf verschiedene Weise:

  • Knollenbildung an den verschütteten Blattansätzen

  • Schnellere Erwärmung des Bodens

  • Speicherung von Wasser zwischen den Dämmen, wenn sie quer zum Hang gebaut wurden

  • Bessere Durchlüftung des Bodens

  • Einfachere Ernte


Das Setzen und Anhäufeln ist, je nach Größe der Fläche und Bodenbeschaffenheit, eine sehr schweißtreibende Arbeit. Unser Boden hier ist sehr lehmig und steinig. Oft müssen große Erdbrocken zuerst zerkleinert werden, um schöne Dämme zu formen. Auch das Umgraben mit der Grelinette und dem Spaten braucht seine Zeit.

Wir bepflanzen ca. 120 m² mit 400 Knollen und brauchen dafür etwa 1,5 Tage zu zweit. Da wir lieber ohne Maschinen arbeiten, achten wir darauf, die Arbeit so rückenschonend wie möglich zu gestalten.


Da die finnischen Sommer, trotz teilweise 25 Grad, relativ regnerisch sind, setzen wir unsere Knollen eher weit auseinander, um Pilzkrankheiten wie der Kraut- und Knollenfäule vorzubeugen. Eine gute Durchlüftung sorgt dafür, dass die Pflanzen nach einem Regenschauer schneller abtrocknen und sich die Hitze nicht zu sehr unter dem Blätterdach staut. Schädlinge wie den Kartoffelkäfer gibt es bei uns im Moment nicht. Bis jetzt hatten wir nur Probleme mit Drahtwürmern und hungrigen Mäusen.

Die Ernte

Die Wachstumsphase ist in unserer Region relativ kurz. Schon Anfang bis Mitte September müssen die Kartoffeln wieder aus dem Boden. Da wir im Sommer aber bis zu 22 Stunden Tageslicht haben, gleicht sich vieles aus.

Damit die Kartoffeln gut lagerfähig sind, müssen sie schalenfest sein – also eine feste Haut entwickelt haben. Das geschieht, wenn das Kraut abgestorben ist oder abgeschnitten wurde, was etwa drei Wochen dauert.

Bei uns können die Nachtfröste bereits Mitte September kommen, deshalb müssen wir das Kraut spätestens Mitte August abschneiden. Wenn das Kraut gesund ist, kommt es auf den Kompost, ansonsten bringen wir es in ein Waldstück, weit weg vom Garten.

Bei der Ernte ist es wichtig, dass der Boden ein wenig abgetrocknet ist. Beschädigte Knollen sollten sofort aussortiert und möglichst bald verbraucht werden. Die geernteten Kartoffeln werden dann ein paar Tage lang in einem dunklen Raum bei ca. 15 Grad getrocknet. Danach sortieren wir die Knollen nochmals, legen einige für die Aussaat im nächsten Jahr zur Seite und packen sie in Säcke ab. Wir lagern sie in einem dunklen Naturkeller bei etwa 5–12 Grad. Die Kartoffeln sollten so mehrere Monate lagerfähig sein. Um die natürliche Schutzschicht zu erhalten, dürfen die Lagerkartoffeln auf gar keinen Fall gewaschen werden.

170 kg Kartoffeln, trotz allem

Jedes Gartenjahr ist anders und in jedem Gartenjahr gibt es neue Herausforderungen. Es gibt viele Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, deshalb muss man einfach versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Letztes Jahr waren es Probleme mit Maschinen und die Kraut-und Knollenfäule die uns zu schaffen machte. Dieses Jahr hatten wir mit einer sehr langen Trockenperiode zu kämpfen. Trotz allem konnten wir dieses Jahr etwa 170kg Kartoffeln ernten. Dies reicht uns theoretisch für ein ganzes Jahr. Da die Kartoffeln im April langsam schlecht werden, müssen wir andere Wege finden sie zu verwerten. Unter anderem füttern wir unsere Enten mit gekochten Kartoffeln, andererseits gibt es immer auch die Möglichkeit Kartoffeln einzumachen.

Es ist zwar körperlich anstrengend, aber auch unglaublich befriedigend zu wissen, dass man mit ein paar Tagen Arbeit einen großen Teil seiner Ernährung selbst anbauen kann.

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