Wärme fangen, Wurzeln schlagen: Permakultur in Finnland
- Patrick Vogel
- vor 4 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 10 Stunden
Dies ist nun unser drittes Gartenjahr in Finnland und wir haben schon so unglaublich viel dazu gelernt. Wir lieben es mit verschiedenen Anbauarten an verschiedenen Orten im Garten zu experimentieren. Vieles davon funktioniert recht gut aber manches geht auch voll in die Hose. Neben unseren Erfolgen wollen wir euch auch die größten Herausforderungen zeigen und erzählen, wie wir sie meistern.

Ein Klima, das uns fremd war
Hier in Valtimo, an der nördlichen Grenze von Nordkarelien, oder auch auf dem 63.7 Breitengrad, ist die Gartensaison eine komplett andere als wir es von der Schweiz gewohnt sind. Für überwinternde Pflanzen ist das Klima ziemlich harsch. Laut der USDA Klimazonen, eine Einteilung der Kältezonen des United States Department of Agriculture, leben wir an der Grenze der Zonen 3b und 4a. Dies ist gleichbedeutend mit einer max. Tiefsttemparatur im Winter von ca. -31.7 bis -34.4 Grad Celsius. Nur Pflanzen die diese Temperaturen aushalten können, können im Freien ohne zusätzlichen Schutzmassnahmen überleben.
Auch ziehen sich die kalten Nächte des Winters bis weit in den Mai und manchmal sogar bis in den Juni hinein, gleichzeitig haben wir aber fast 20 Stunden Tageslicht. Dies löst oft trügerische Gefühle aus.
Man möchte im Garten beginnen, Pflanzen vorziehen, das Beet vorbereiten und säen. Doch öffnet man die Türe liegt immer noch Schnee oder der Boden ist steinhart gefroren.
Schneefall im Mai ist ebenfalls keine Seltenheit. In Finnland nennt man diesen späten Schnee den "takatalvi", die Rückkehr des Winters.
Der Übergang von Spätwinter zu Frühsommer ist kurz und die Natur explodiert förmlich innerhalb einer kurzen Zeit. Für uns bedeutet dies, dass wir so früh wie möglich und innerhalb einer kurzen Zeit, alles vorbereiten, säen und rauspflanzen müssen, damit die Pflanzen die kurze Saison bis zum ersten Frost im September voll ausnutzen können.
Es bedeutet auch, dass wir möglichst vieles vorziehen müssen, damit die Pflanzen zum Zeitpunkt des auspflanzens schon einen Wachstumsvorsprung haben. Wir dürfen aber auch nicht zu früh beginnen damit z.b die Tomaten nicht schon anfangen zu blühen oder die Pflanzen keinen Wurzelstau haben und aufhören zu wachsen.
Um die vorgezogenen Pflanzen zu setzen braucht es oft eine minimale Boden- oder Nachttemperatur von ca. 10 Grad und die wird bei uns erst relativ spät im Jahr erreicht.
Im ersten Jahr waren wir sehr übermütig was den Garten betraf. Wir haben ja quasi unlimitierten Platz und so wurde er viel zu gross, wir waren überfordert mit der Wachstumsexplosion im Frühsommer und der Boden war einfach nur schlecht. Die Zwiebeln sind uns im Regen ersoffen, die Randen wurden von Drahtwürmern durchlöchert und von den ca. 100 Tomatenpflanzen gab es nur eine handvoll Tomaten. Natürlich gab es auch Erfolgserlebnisse. Wir hatten soviele Kartoffen, dass wir nicht wussten wohin damit. Erbsen und Bohnen kamen mit dem Klima sehr gut zurecht und auch der Salat hat uns nicht im Stich gelassen.
Ein Neues Klima für unseren Garten
Unser Ziel hier muss es also sein, lokal ein wärmeres Mikroklima zu erschaffen um eine kurze Saisonverlängerung zu erreichen. In der Permakultur gibt es dafür verschiedene Elemente. Die meisten davon sind sogenannte Sonnenfallen wo man versucht die Sonnenwärme zu speichern. Dazu zählen folgende Elemente:
Anbau in U-Form mit Öffnung Richtung Süden
Hecken, um die Pflanzen vor kalten Winden zu schützen
Hügelbeete
Hochbeete, auch als Frühbeet nutzbar
Mehrschichtiges anpflanzen z.B. Waldgärten
(Bäume, Sträucher und Kulturpflanzen zusammen)
Anbau südlich von Trockensteinmauern oder Hauswänden
Gewächshäuser und Frühbeete
Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung des Bodens. Wir haben hier einen sehr lehmigen, flachgründigen, steinigen Boden mit flach verlaufenden Wasseradern.
Die Bodenfruchtbarkeit ist auch in der Permakultur ein zentrales Thema und es gibt verschieden Möglichkeiten sie zu verbessern.
Keine Chemie oder Pestizide verwenden
Kompost- und Mistgaben
Mulchen der Beete um Nährstoff- und Feuchtigkeitsverlust zu vermeiden
Kein regelmässiges tiefes umgraben der Beete um die Bodelebewesen zu erhalten
Gründüngungen
Mischkulturen anpflanzen um den Boden besser zu durchwurzeln und Bodelebewesen zu förden
Vehinderung von Erosion
Diese Massnahmen waren ein voller Erfolg
Im zweiten Jahr haben wir als erstes den Garten verkleinert. Es macht einfach mehr Freude wenn man den Pflanzen auch gerecht werden kann, die Karotten nicht im Beikraut untergehen und man auch auf den ersten Blick sehen kann, was im Garten wächst. Zudem haben wir uns ein Gewächshaus gebaut.
In einem Lagerschuppen auf dem Grundstück gab es unzählige alte Fenster. Maika hat sie von den alten verrotteten Rahmen befreit und sie neu eingekleidet. Das Holz haben wir aus eigenen Bäumen zugeschnitten und verbaut. Nur die Doppelstegplatten für das Dach mussten wir zukaufen.
Obwohl das Gewächshaus "zu spät" fertig war konnten wir sehr viel daraus Ernten. Wir konnten endlich wieder eigene Tomatensauce herstellen, ernteten Gurken bis sie uns aus den Ohren hingen und hatten Kürbisse und sogar Melonen für die Winterlagerung. Auch der Garten gelang uns besser. Die Kompostgaben zur Bodenverbesserung haben ihre erste Wirkung gezeigt. Die Karotten waren länger und die Randen nicht mehr durchlöchert.
Für die Bodenverbesserung haben wir den gesamten Mist der Enten und Schafen im Frühsommer neben dem Garten aufgeschichtet und verrotten lassen. Im Herbst nach der letzten Ernte kam eine Dicke Schicht auf das Beet.
Routine und Neue Experimente
In diesem, unserem dritten Jahr können wir das Gewächshaus voll ausnutzen. Wir können das Gartenhaus nun zur selben Zeit bepflanzen, wie jemand, der in der Schweiz Tomaten nach draussen pflanzt. Neben Gurken, Tomaten, Auberginen usw. haben wir als weiteren Versuch auch einen Birnbaum als Spalierobst gepflanzt.
Die Kartoffeln wurden gegen Ende Mai in die Erde gesetzt. Sobald die Pflanzen ca. 40cm hoch sind häufeln wir die Erde so an, dass die Spitzen der Pflanzen noch aus der Erde ragen. Die dadurch verschütteten Blattansätze bilden ebenfalls Früchte aus, was die Ernte erhöhen kann. Am letztjährigen Standort der Kartoffeln haben wir eine Hafer-Weissklee Mischung gesät. Wir erhoffen uns dadurch eine kleine Haferernte für die Schafe.
Für unsere Bienen haben wir versucht eine grossflächige Blumenwiese anzupflanzen.
Ausserdem haben wir im Frühjahr neben einem Hügelbeet auch eine Kräuterschnecke gebaut.
Das Hügelbeet steht durch seine Neigung im Frühjahr und Herbst in einem besseren Winkel zur Sonne damit der Boden schneller erwärmt wird. (ähnlich dem Prinzip der Solaranlagen) Ausserdem wärmt es von innen durch die Zersetzung der aufgeschütteten Materialien.
Wir sind nun sehr gespannt wie sich diese Projekte entwickeln und welche Pflanzen dieses Jahr am besten wachsen.
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